Eiger Mittellegigrat Integral

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Was für eine spektakuläre Bezeichnung “Integral”… wenn schon nicht die Eiger-Nordwand, dann wenigstens der Mittellegigrat Integral und diesen von Grindelwald aus ;-).

Mario, Gebi und ich entschieden uns am Freitag anzureisen. Der Plan war abends in Grindelwald anzukommen und so weit wie möglich die Straße bis nach Alpiglen zu folgen und dort dann irgendwo das Auto zu parken, dort zu schlafen und dann am nächsten Morgen so früh wie möglich Richtung Ostegg zu starten. Pläne sind ja oft schön, aber sie verfolgen eben immer nur den optimalen Lösungsweg und so kam wieder einmal alles anders als geplant ;-). Aber Bergretter haben ja für gewöhnlich Flexibilität im Blut und so planten wir, nach einer langen Suche nach einem geeigneten Parkplatz in Alpiglen, wieder um. Nun wurde der öffentliche Parkplatz an der Eiger Express Talstation zum Schlaflager. Morgens ging es dann per Bahn bis zur Station Alpiglen und dann konnten wir endlich mit unserer Tour beginnen.

Herrliches Wetter begleitete uns auf dem wunderschönen, aber schattigen Wanderweg bis zur Ostegghütte. Dort angekommen trafen wir noch ein junges Pärchen die sicher eine romantische Nacht auf der Hütte verbracht hatten… wir aber tranken nur kurz etwas… der Weg bis zu unserem Ziel, der Mittellegihütte, war noch weit und wir wollten so rasch als möglich den Grat erreichen, um endlich aus dem Schatten zu kommen. Nun ging es in der Nordflanke über Geröll und Felsbänder hinauf zum Sattel zwischen Ostegg und Hörnli. Den Grat folgend war nun unser nächstes Ziel das bekannte “Felsloch”… auf dem Weg dorthin hatten wir immer einen traumhaften Tiefblick auf die grünen Wiesen im Tal.

Tiefblick auf Grindlwald

Was für ein herrlicher Anstieg in atemberaubendem Ambiente! Bergsteigerherz was möchtest du mehr? Die Wegfindung war durch den Grat vorgegeben und so kamen wir zügig zum Durchschlupf.. ich wartete nicht lange, sondern schlüpfte gleich auf die andere Seite, da sich dadurch sicher einige lustige Bilder ergeben könnten…

Felsenfenster mit Bergsteiger

Nach ein paar Bildern an dieser bekannten Stelle gings am Grat und in leichter Kletterei weiter. Man würde sagen… im KletterFlow gings in Richtung Schlüsselstelle weiter. Wir wussten, die Schlüsselstelle, eine Seillänge im V. Schwierigkeitsgrad, wird nochmal knackig, bevor es nur mehr am schönen Grat zur Hütte geht. An der besagten Stelle angekommen seilten wir uns das erste Mal an und sicherten Gebi bis zum Stand hoch. Mario und ich durften dann im Nachstieg nachkommen… oha, diese SL passte so gar nicht zum KletterFlow von vorhin ;-)… meine Performance lässt grüßen.

Nach der Schlüsselstelle

Mittellegigrat – Schlüsselstelle

Am Stand angekommen, genoss ich mal den Tiefblick und den Blick auf unseren Weiterweg.

Mittellegigrat – oberer Teil

Nun ging es flowig zur Mittellegihütte. Der Ausblick in die Gletscherwelt und auf den Eiger war beeindruckend… am Abend gabs noch ein ausgiebiges und gutes Essen, begleitet von einer guten Flasche Rotwein – Luxus pur. Auf der Hütte trafen wir dann auch einige Mittellegigrat Aspiranten, die den “normalen” Mittellegigrat, also mit Bahn Unterstützung und mit eigentlichem Start ab Hütte, machten. Auf unserem Weg von der Ostegghütte hier rauf waren wir absolut ALLEINE – das hat was.

Mittellegihütte abends

Am Morgen ging es dann früh los… wir ließen uns Zeit, um nicht mitten im Rummel zu sein. Das stellte sich aber später als Fehler heraus… es dauerte nicht lange und wir liefen auf die ersten Seilschaften auf. Na ja… warten oder doch den einen oder anderen fragenden Blick in Kauf nehmen und die Kletterer überholen. Wir entschlossen uns fürs Überholen und kletterten bei den Seilschaften vorbei ohne sie aber wirklich zu bedrängen oder sie zu gefährden. Trotzdem streifte uns der eine oder andere fragwürdige Blick ;-).

Am Mittellegirat – oberer Teil

Bevor es nun auf dem eisigen und mit Schnee bedeckten Grat weiterging, machten wir eine kurze Pause. Pause zum Fotografieren… Mario suchte sein Handy vergebens… hatte er es doch auf der Hütte vergessen – oww. Zurück zur Hütte? No way… wir riefen auf der Hütte an, wo sie das Handy bereits gefunden hatten. Die Hüttenwirtin erklärte uns, dass einem Gast die Schuhe vom Trockenplatz aus in die Nordflanke des Eigers hinuntergefallen sind und der Gast heute noch ausgeflogen wird ;-)… des einen Pech, des anderen Glück… dieser Gast kann dann auch das Handy von Mario mitnehmen und im Tal für uns hinterlegen.

Als wir nun alles abgeklärt hatten, legten wir die Steigeisen an und konnten endlich weiter in Richtung Eiger Gipfel. Es ging über eine paar eisige, aber keine schwierigen Stellen immer höher und so dauerte es nicht mehr allzu lange und wir standen am Gipfel des EIGER. Wau was für ein Ausblick und bei diesem Wetter auf diesem Gipfel zu stehen?! DANKE.

Am Eiger – sichtlich gut gelaunt

Als wir nun so dasaßen und die Bergwelt genossen, kam auch schon der erste Hubschrauber an uns vorbei… Unfall, Touristen…? Nein, da springen doch wirklich Basejumper raus und fliegen im Sturzflug Richtung Grindlwald – was einem am Eiger alles geboten wird ;-)!?
Wir hielten uns aber nicht mehr lange am Gipfel auf… wir hatten noch einen weiten Abstieg, über die Westflanke, zur Scheidegg vor uns. Wir wollten ja heute noch nachhause. Wie sich aber schnell herausstellte, war das kein so einfaches Unterfangen… das Gelände wurde immer unüberschaubarer und wir mussten die Abseilstellen finden. Na ja… ob es immer die “richtigen” Abseiler waren konnten wir nicht verifizieren, aber wir kamen trotzdem über die steilen Wände und irgendwann fanden wir auch wieder die Markierungsstangen die uns dann auf den richtigen Weg zur Scheidegg führten.

Eiger Westflanke

Dort angekommen, war der Genuss der Einsamkeit schnell vorbei und wir mischten uns unter die Touris… der teure “Radler” schmeckte trotzdem.

Mittellegigrat von der Scheidegg aus gesehen

Mit der Bahn ging es dann wieder zum Auto zurück und nachdem wir Mario’s Handy abgeholt hatten, steuerten wir unser Fahrzeug Richtung Innsbruck. Noch die letzten glücklichen Blicke auf den imposanten Eiger und dann wieder volle Konzentration auf das Autofahren… es herrschen doch auch auf der Straße so viele Gefahren ;-).

Eine wunderschöne Bergfahrt geht zu Ende, mit tiefen Eindrücken und atemberaubenden Bildern für die Ewigkeit und wir verstehen nun die Bezeichnung “INTEGRAL”.

Die erfolgreiche 3er Seilschaft

Hier noch ein paar interessante Informationen zur Tour:

Erstbegehung:
Unterer Mittellegigrat: Saburo Matsukata, Samitaro Uramatsu, Emil Steuri und Samuel Brawand; 06.08.1927;
Oberer Mittellegigrat: Yuko Maki, Fritz Amatter, Samuel Brawand und Fritz Steuri; 10.09.1921

Ausgangspunkt: Ostegghütte (2317 m), zu erreichen in 2 ½ – 3 Std. von Alpiglen

Länge: ↑ 1653 mH, 8 – 10 Std. ↓ 506 mH (ca. 200 mH Gegenanstieg), 3 – 5 Std.

Schwierigkeit: D, V+

Abstieg: Entweder über den S-Grat und die Eigerjöcher zum Jungfraujoch oder über die W-Flanke (4 – 5 Std.) zur Kleinen Scheidegg – unsere Wahl

Categories: Bergsteigen