Casarotto-Radin-Verschneidung

Published by Ben Zörer on

Nach unserer Expedition im Frühjahr hat sich für Egon sowie auch für mich das ein oder andere geändert. Egon hat einen neuen Job angefangen, wo er nun 5 Tage die Woche arbeitet. Ich konnte meinen Bergführer-Anwärterkurs erfolgreich absolvieren, und bin seither fast nur mehr mit Gästen in den Bergen.

Dieses Wochenende, welches wir uns bereits vor über einem Monat im Kalender eingetragen haben, – so ändern sich die Zeiten, jetzt müssen wir unsere Kletterfahrten bereits mit dem Kalender planen – war es wieder soweit.
Mittwochabend schickte ich Egon das Topo von der Casarotto-Radin-Verschneidung am Spiz de Lagunàz mit der Nachricht: „Abenteuerlustig?“. Auf Egon war wieder mal verlass und obwohl es unsere erste gemeinsame Alpintour diese Saison werden sollte antwortete er gleich mit: „Klingt gut!“.

So therapierte Egon noch bis Freitagnachmittag, während ich mit einem Gast zur Watzmann Ostwand fuhr. Freitagnachmittag schließlich war Feierabend, und für uns somit Aufbruch in den Süden. Egon klaubte mich auf und schon ging es in unsere geliebten Dolomiten. Diesmal in eine für uns noch unbekannte Ecke, der Pala. Am Weg dorthin verdrückten wir noch eine Pizza inklusive Aperol bevor wir weiter ins San Lucano Tal fuhren. Kurz vor Col di Pra an der Baita des Tita parkten wir. Im letzten Tageslicht begutachteten wir den Zustieg und kamen zum Ergebnis – recht botanisch. Die Rucksäcke gepackt, Wecker gestellt legten wir uns in unsere Schlafsäcke.

Nach einer kurzen Nacht läutete der Wecker und wir genossen unser Frühstück noch im Bett. Milchbrot mit Nutella inklusive frischem Kaffee. Da kann kaum ein Luxushotel mithalten! Gut gestärkt, die Wasserspeicher gefüllt ging es im Schein unserer Stirnlampe durch den Wald empor. Wie bereits am Vortag festgestellt, erwies sich der Zustieg als ein Botanik-Grandprix. Steiles Gras, spitze Büsche, loser Fels und Zecken – richtiges Hechenberg Ambiente.

Mit der Zeit begann es auch zu dämmern und die ersten Sonnenstrahlen ließen den Monte Agner rot erleuchten. Inzwischen lichtete sich der Dschungel immer mehr und wir querten Richtung Einstieg. An der Biwakhöhle füllten wir noch einmal unserer Wasservorräte bevor wir kurz darauf am Einstieg standen. Fein im Schatten kletterten wir Länge für Länge empor und waren bereits von Anfang an von der Felsqualität begeistert. Nach den leichten Plattenlängen und zwei Verschneidungen standen wir unter den Dächern und waren immer noch im kühlenden Schatten. Perfekt!

Nach drei Längen durch die Dächer, wieder mal waren wir beeindruckt von den Leistungen der Altmeister, führte uns eine weitere Länge in die Große Bilderbuch-Verschneidung. Gigantisch! Acht lange Längen führten durch die Verschneidung und boten Kletterei par excellence!

Immer wieder schweifte unser Blick auf die umherliegenden Berge. Was eine Landschaft! Warum sind wir nicht schon früher in diese Ecke der Dolomiten gefahren? Gegen Ende der Verschneidung küsste uns dann auch langsam die nachmittägliche Sonne und wir drückten nochmal aufs Gas. Nach der Verschneidung ging es seilfrei die letzten Längen zum Gipfel empor. Was ein Panorama!

Nach einer kurzen Gipfelpause und Studium des Abstieges machten wir uns schleunig an den uns noch bevorstehenden langen und komplizierten Abstieg. Nach dreimal abseilen galt es noch auf den Torre di Lagunàz zu klettern. Von diesem seilten wir abermals dreimal ab. Schließlich galt es auf einem steilen Grasrücken nochmal aufzusteigen bis wir auf ein Grasband kamen, um unter dem Gipfel des Monte di San Lucano nach Westen zu queren. Inzwischen war die Sonne untergegangen und die Stirnlampe zum Vorschein gekommen. Somit hieß es nach der Querung nochmal volle Konzentration beim Abklettern bis wir den Weg Richtung Forcella di Gardés erreichten.

Von hier ging es unschwierig aber sich ziehend über den „Wanderweg“ durchs Gebüsch nach Col di Pra und auf der Asphaltstraße weiter zu unserem Auto. Nach fast 22 Stunden schließlich, standen wir müde, aber glücklich, dass uns eine der wenigen Ein-Tages-Begehungen dieser Tour gelang, wieder am Auto. Nach einem Teller Tortellini legten wir uns zu Ruhe und schliefen wie die Murmeltiere, bis uns die ersten Sonnenstrahlen weckten. Fahrer- und Beifahrersitz freigemacht ging es in die Dorf-Bar auf einen Espresso um die Maschinen wieder in Gang zu bekommen.
Am Retourweg kehrten wir zu Mittag noch in Sterzing ein und liesen unser Kletterwochenende im gemütlichen Gastgarten bei wohlverdienter Pizza ausklingen.

Danke wieder mal an Egon das er bei meinen spontanen Ideen immer voller Elan dabei ist.
Eine Abenteuerkletterei all Inclusive😊

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